Gebannt - Johann Bossard und die expressionistische Grafik

12.05.2019 – 11.08.2019

Zwischen etwa 1898 und den 1920er Jahren arbeitete Johann Bossard – mit längeren Unterbrechungen – immer wieder an Druckgrafiken. Das zweidimensionale Medium füllte er mit seinem reichen Formen- und Ideenrepertoire, wobei er sich zwischen akademisch geschulter Realitätsnähe und einer partiell sehr experimentellen Abstraktion und Expression bewegte.

Ab 1902 arbeitete er intensiv an Einzelblättern für private Auftraggeber und Bekannte. 1903 und 1904 entstand weiterhin der erste, 20 Blätter umfassende erste Teil des Zyklus „Das Jahr“. Die bis 1904 vollendeten 20 Lithografien bot Bossard mit kommerziellem Augenmerk als „1. Teil“ zum Verkauf an, um Interessenten anzulocken und als Subskribenten für den späteren Ankauf des zweiten Teils zu verpflichten.

Die stilistische Entwicklung Bossards veränderte sich nach 1918. Sowohl in der Grafik und Malerei als auch in der Druckgrafik ging der Künstler zu einer expressiven Ausdrucksweise und Abstraktion der Motive über. Unter anderem verarbeitete er im zweiten Teil des Zyklus „Das Jahr“ expressive und futuristische Einflüsse.

Einzelblätter und Exlibris aus der Spätphase wurden fast nur noch als Radierungen gedruckt. Auffällig ist die Fokussierung auf Köpfe, in denen die Darstellung verschiedener Gefühls- oder Seelenzustände von teils expressiver Ausformung im Vordergrund steht. Auch weitere typisch expressionistische Motive wie der Akt, Mutter und Kind oder religiöse Sujets nahm er auf.

 

Die gezeigten Köpfe sind um 1920/21 entstanden. Sie wirken düster und abstrakt. Bei den Studienköpfen griff Bossard auch das Thema Werden und Vergehen auf, wie es auch im Erossaal und Musikzimmer thematisiert wird.

Im Gegensatz zu den christlichen Darstellungen steht beispielsweise die Grafik „Maya“ aus dem Zyklus „Das Jahr“. Maya war die Geliebte des Zeus und Mutter von Hermes in der griechischen Mythologie. Im Buddhismus war sie die Mutter von Siddharta, der später zu Buddha wurde. Laut Helena Blavatskys „Geheimlehre ist Maya das „ Weltall mit allem, was darin ist“. Sie kann gleichzeitig aber auch eine Täuschung sein. Diese Mehrdeutigkeit ist typisch für Johann Bossard, da der Betrachter sich selbst Gedanken machen muss, was der Titel im Zusammenhang mit der Grafik bedeuten mag.

„Gebannt“ durch den Expressionismus fertigte Johann Bossard um 1921/22 auch den zweiten Teil für den Zyklus „Das Jahr“ an. Es handelte sich hauptsächlich um Lithografien und Radierungen, die sich mit der menschlichen Existenz an sich – zum Beispiel in den Blättern „Der Geistblinde“, „Der Sieger und „Der Sterbende“ – beschäftigen.

 

Abbildungen

Johann Bossard: Weiblicher Kopf, 1920

Johann Bossard: Maya, um 1920/21

Johann Bossard: Der Sterbende, um 1920/21

Johann Bossard: Johannes der Jünger, 1921/22

Johann Bossard: Mutter mit Kind, um 1900

Johann Bossard: Gebannt, um 1920/21

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